20 Teilnehmer*innen hatten sich auf den Weg gemacht, um bei sonnigem Herbstwetter einen Tag im Stift Fischbeck zu verbringen. Eingeladen hatte zu diesem Einführungsseminar der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Landesverband Niedersachsen. Der Referent Michael Ruhnau ist Diplom- Biologe und Pomologe.
Erst sehen, dann entscheiden, dann schneiden
Bevor sich die Teilnehmenden mit Scheren, Sägen und Leitern über die verwilderten Obstbäume in den Stiftgärten hermachen konnten, gab es eine gehörige Portion Theorie. Kronenaufbau und Kronenformen, Unterlagen und Stammhöhen, Schnitttechniken und Wuchsgesetzmäßigkeiten, Schnittwirkungen und Fruchtholzbildung: selbst erfahrenen Gärtnern und routinierten Gärtnerinnen schwirrte der Kopf. Kann man sich so viel auf einmal merken?
Die Anschauung macht es
Michael Ruhnau sammelt die Gruppe um einen Apfelbaum, der wohl noch nie einen Schnitt bekommen hat. Die Gruppe muss Vorschläge machen, welchen Ast sie als Leitast sieht. Dann werden Nebenäste geortet (nicht mehr als vier). Wenn diese bestimmt sind, kommt die Idee, wohin es mit diesem Baum gehen könnte und was die Maßnahme im 1. Schnittjahr sein darf. Der Plan für das 2. Jahr kommt in den Hinterkopf. Alle Teilnehmer*innen, die bisher nach Ordnungsprinzipien geschnitten haben, können ihre Maßstäbe über Bord werfen. Die Aufgabe stellt sich anders: als was erkenne ich den Baum und wie kann ich ihn in seiner Beschaffenheit unterstützen, dass er nach seinem genetischen Programm wachsen kann und meinem Wunsch nach Ertrag entgegenkommt.
Ein anderer Blick auf den Baum erzeugt Demut
Abgesehen von dem Fachwissen, dass der Gruppe über Obstbäume vermittelt wurde, wurde ein anderes Thema sichtbar. Der Mensch ist gewohnt, sich die Natur zu eigen zu machen. Die Zeit, die Bäume zu lesen, im Kontext zu erkennen und zu würdigen, um im Einklang mit dem Baum nicht gegen ihn zu arbeiten, wird zum roten Faden der Veranstaltung. Diese Erkenntnis gilt ja nicht nur für Bäume, sondern auch für Blumen, Insekten und alle Kreatur.
Ein erfüllter Tag
Nicht nur das gute Wetter machte Laune, auch Heiterkeit und Neugier, die netten und anregenden Gespräche ließen einen tiefen Eindruck. Der Dank gilt dem Referenten Michael Ruhnau, Sabine Washof, Projektleiterin und Katja Helbig, (Streuobstwiesenschutz) vom BUND. Allen, die sich nicht mehr für diesen Kurs anmelden konnten, weil die Teilnehmergruppe begrenzt war, sei zum Trost gesagt: auch 2019 wird es im Herbst wieder einen Schnittkurs im Stift Fischbeck geben. Schauen Sie auf die Homepage des BUND oder des Stiftes Fischbeck. Herzlich willkommen.