Eine buntgemischte Seminargruppe reist an: IJGD Gartendenkmalpflege

Ein Einblick von Sophie Kluge, Freiwillige der IJGD Gartendenkmalpflege:

Das Stift Fischbeck ist ein Stück Zuhause, sofern man sich darauf einlassen möchte. Das Gelände und die Gebäude erzählen im Stillen und Detail ihre Geschichte, verschiedene Bauphasen verraten ihre Geheimnisse. Das Stift ist gleichzeitig ein Ort des gemeinschaftlichen Lebens und ein Ort der Ruhe. Wenn die Temperaturen zur Nacht fallen und sich das Gebälk der Häuser wieder zusammenzieht, dann ist es wie ein allwissendes Ausatmen und zur Ruhe legen der Gebäude. Der Duft nach Holz, der Duft nach Kalk, der Duft nach Stein und der sich langsam entfaltende Duft der Botanik begleitet lieblich durch die historischen Flure und durch den Kreuzgang. Selbst alleine spüre ich hier ein Gefühl von Geborgenheit und Schutz. Ohne Menschen und ohne ein taktvolles Maß an Offenheit und Freundlichkeit wäre es hier vermutlich sehr kalt, unabhängig vom Einlegen des Kaminholzes. Gerade die Verwaltung, Pflege und Nutzung der Gärten und Gebäude hält dieses am Leben. Für die seelische Wärme ist das freundliche, offene und rücksichtsvolle Miteinander entscheidend.

Fünf Tage mit einer Gruppe von freiwillig Engagierten der IJGD in einem Stift. Was stellt man sich darunter vor und was sind die eigenen Erwartungen?


Eine Ankunft im Ungewissen

Eine wirklich realistische Vorstellung hatten wir wohl alle nicht, als wir unsere Sachen für die Seminarwoche packten – abgesehen von den gartendenkmalpflegerischen Arbeiten natürlich.

Mit Koffern und Rucksäcken blieben wir nicht lange unentdeckt: Freundliche und wärmespendende Worte begrüßten uns wie lang ersehnte Freunde und brachten uns ins schutzgebende Torhaus. Für unser leibliches Wohl stand zudem schon eine lecker duftende Gemüsesuppe auf dem Herd, die uns später auch physisch aufwärmte. Das Torhaus selbst soll uns in unserer Seminarwoche als gemeinsamer Ort der Tagesplanung und kulinarischer Selbstversorgung dienen, sowie einen großzügigen Raum für die Abendgestaltung bieten.

Am Anreisetag selbst wurde mit dem Hinweis, dass man sich auf dem Gelände auch mal verlaufen kann, ein Lageplan ausgeteilt. Es folgte eine beeindruckende Führung durch viele Gänge, die mit charakteristischen Gebälk, Sandstein oder einer pragmatischen Putzschicht versehen sind. Die Böden sind zumeist aus Dielen, aber auch zum Teil aus Naturstein sehr aufwändig belegt. Doch das, was so mancher Flur, so manche Truhe und so manche Wand an Geschichte verbirgt oder offensichtlich zeigt, ist ein wahres Vermächtnis. Des Abends schlich ich möglichst leise durch die Flure, denn ich wollte den geführten Weg nachgehen. In Dunkelheit wurde ich von dem Knarren und Flüstern des verbauten Holzes begleitet, was eine ganz andere Atmosphäre schuf. Auch die versteckten Gänge, die zur Kirche führen, tragen einen Silbermantel aus verborgener Ästhetik und historischer Baukunst – Ich kenne bestimmt nicht alle. Ich kenne mittlerweile aber zwei Wege zum morgendlichen Gebet in die Kirche, die sich als einfach und zuverlässig herausgestellt haben. Das reicht mir vollkommen aus. Bevor sich hier jemand fragt: nein, das Gebet mit den Stiftsdamen ist nicht verpflichtend. Hier darf jede/r sein, wie man ist.

Teamarbeit verbindet

Herr Stock ist hier der Mann für fast alles: er repariert, gärtnert und organisiert alles Mögliche. Mit Geduld, Witz und Charme managet der passionierte Teetrinker reibungslose Abläufe und steht uns mit fachlichem Rat und Tat zur Seite. Das klappt so harmonisch, dass wir es am Dienstag mit vereinten Kräften in Windeseile einen neuen Weidenflechtzaun um den Kräutergarten ins Leben gerufen und die Turmuhr neu aufgezogen haben. Am Abend wurden wir dafür sehr reichlich belohnt: auf uns wartete eine Orgelführung mit privater musikalischer Kostprobe. Herr Requardt überzeugt nicht nur von seinem fachkundigen Erscheinungsbild und theoretischen Fachwissen, sondern zeigte uns auch ganz praktisch was es heißt, eine Bindung zu solch einem gewaltigen Instrument wie einer Orgel zu haben. Selbst realistische Vogelstimmen lassen sich auf der Orgel in der Stiftskirche St. Johannis imitieren.

Über Hexenholz nach Hameln

Nach unserem Frühstück startete der Mittwoch wettertechnisch zwar besser, sorgte aber mit plötzlichen Schneeverwehungen für leichte Irritation. Es ging dem Abteigarten an den Kragen: Staudenrückschnitte und Wildwuchsentfernungen stellen nun wieder ein bisschen mehr Ordnung nach den sehr kalten Wintermonaten her. Nachmittags folgte eine wirklich informative Führung durch das Arboretum in Bad Münder. Herr Michael Meier führte uns auf den Pfaden der Natur zu einer sehr besonderen Zucht. Süntelbuchen werden auch „Hexenholz“ genannt, kein Ast und kein Stamm eignet sich wirklich gut für Bauholz. Zum Glück muss das die Süntelbuche auch nicht abdecken, denn sie leistet ihren ganz eigenen Beitrag zur Stabilisierung des Ökosystems. Bis heute sind noch nicht alle Geheimnisse wissenschaftlich gelüftet, wie zum Beispiel das diffuse Verbreitungsareal des Baumes. In ein paar Jahren werden wir vielleicht schlauer sein, mal sehen.

Im Anschluss reiste unsere Gruppe in den Fahrgemeinschaften nach Hameln. Bekannt für die Sage des Rattenfängers, schlägt einem der mittelalterliche Altbaucharme auch hier in der Innenstadt entgegen. Ich kann mich nicht sattsehen an den charakteristischen Bauarten, historischen Türen und dem Zauber, dem ich als Tourist vermutlich verfallen bin. Unser Abendessen war ein wahres Erlebnis, denn auf Empfehlungen hin kehrten wir ins Pfannkuchenhaus ein. Es handelt sich dabei um eine Gaststätte, ein wenig versteckt in einer Reihe von konservierten Altgebäuden. Ein herrlicher Tag.

Der Ausklang

Mit leichter Wehmut wachte ich am Folgetag auf, denn der Donnerstag war unser letzter voller Tag im Stift. Nach abschließender Gartenarbeit besuchte uns Frau Requardt für gemeinsame Bastelarbeiten in der Südscheune. Es entstanden schöne Ostermitbringsel aus allem, was die Natur so hergab. Es war ein schöner Nachmittag, der sich dann durch die Arbeit unseres Grillmeisters Herr Stock zu einem leckeren Grillabend entwickelte. Die Äbtissin spendierte uns dazu Getränke und wir verbrachten einen ausgelassenen Abend in Gemeinsamkeit.

Auf ein Wiedersehen

Nun ja. Heute ist es leider schon so weit. Die Abreise zur Mittagszeit naht und es bleiben unglaublich viele Eindrücke. Es gibt so viel zu sagen, dass ich auch gleichzeitig nur ein Wort sagen und fühlen kann: Danke. Danke für die Erfahrung, die Gemeinsamkeit und das Zuhause, das ihr uns gegeben habt in dieser Woche.

Bis bald, liebe Freunde und Freundinnen aus dem Stift Fischbeck.
Eure IJGD Gartendenkmalpflege aus Potsdam

Euer Aufenthalt im Stift wird auch uns in guter Erinnerung bleiben. Ihr habt viel im Garten geschafft und der nächste „Tag der offenen Gärten“ am 6. Mai wird sich in schönster Pflege den Gästen zeigen. Eine lebendige Woche liegt hinter uns und ich danke herzlich:
Raik, Luca, Abdi, Sonja, Oranna, Sophie, Anne, Béatrice, Ellinor, Fanny und Anne Hagendorf. Die Süntelbuche, die ihr nach dem Ausflug in das Arboretum gepflanzt habt, wartet auf euren nächsten Besuch.

Bis dahin alles Gute!
Katrin Woitack

Stift Fischbeck